Das Haus gerockt! – „The Waterboys“ um Sänger Mike Scott begeistern im 38. Jahr ihres Bestehens im Metropol
Er ist eine dieser echten „Typen“ des Rock: der Schotte Mike Scott, geboren 1958 und seit 38 Jahren im Musik-Geschäft bekannt – als Frontmann, Mastermind und einziges dauerhaftes Mitglied der schottisch-irischen Folkrock-Band „The Waterboys“, mit denen er am Sonntag im Bremer Metropol-Theater gastierte. Als Scott mit seinen sechs Bandmitgliedern pünktlich um kurz nach sieben die Bühne betrat, die ahnten die meisten der rund 600 Besucher noch nicht, dass ihnen ein langer Abend bevorstehen sollte. Abzüglich der Pause spielten Scott und Co. in zwei Sets zwei Stunden 20 – und zeigten sich dabei mal rockig, mal folkig, mal mit sehr leisen Tönen und mal mit „fetter“ Heavy-Gitarre. Die Backgroundsängerinnen Jess Kav und Zeenie Summers sorgten dazu in vielen Songs für einen souligen Touch, und an der Fiddle stand Steve Wickham für das Country-Feeling, das die „Waterboys“ ebenfalls immer wieder vermitteln.
Alles in allem ein extrem vielseitiges Programm, dass Scott und Co. da präsentierten – beginnend mit dem Titelsong des letzten Albums, „Where the action is“, und gleich drei Songs des 1990er Erfolgsalbums „Fisherman’s Blues“, darunter das Instrumental „Dunford’s Fancy“, mit dem Wickham (der bei der Einspielung damals schon dabei war!) an der Fiddle eine erste Solo-Kostprobe seines Könnens gab. Spätestens mit dieser Nummer hatten die „Waterboys“ dann auch das Bremer Publikum auf ihre Seite gezogen – das Publikum, das zum Teil weite Anreisen auf sich nahm, wie etwa ein holländisches Pärchen, dass schon einige Konzerte von Scott und Co gesehen hatte und sich auch dieses nicht entgehen lassen wollte.
Dass der 60-jährige Bandleader ein spezieller Zeitgenosse ist, weiß man – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass es fast 80 (!) ehemalige Waterboys-Mitglieder gibt, die Scott auch sorgfältig auf seiner Homepage (die sinnigerweise „mikescottwaterboys.com“ heißt) auflistet. Über fast 40 Jahre kamen und gingen die Mitglieder (auch Wickham, der 1990 ging, im Jahr 2000 aber wiederkam). Scott blieb und baute um sich herum immer wieder die Band neu zusammen. Die Bremer Besetzung gibt es nun auch schon seit einigen Jahren – sie funktionierte hervorragend und wirkte sehr eingespielt. Speziell Keyboarder „Brother Paul“ sorgte dabei immer wieder für herausragende Solo- und Show-Effekte. Auch Drummer Ralph Salmis machte einen ausgezeichneten Job, würdigte mit dem Drum Solo „Blues for Baker“ auch die kürzlich verstorbene „Cream“-Legende Ginger Baker auf angemessene Weise.
Doch zurück zu Scott. Dass dieser nach wie vor ein toller Sänger ist, stellte er einmal mehr unter Beweis – besonders eindrucksvoll in Balladen wie „November Tale“, die er extrem einfühlsam und emotional vortrug, zum Teil fast dylanesk. In Bremen nahm er sich zwischendurch immer wieder mal kleine Pausen, lobte Bremen als „great music town“ und amüsierte das Publikum mit Repliken wie „Oh my Godness“.
Dabei ging der Sänger und Gitarrist immer wieder auf das Publikum zu. Bisweilen nutzte er dabei deutsche Wörter und Sätze, klärte auch auf: „Ich habe deutsch in der Schule gelernt.“ In einer der etwas längeren Pausen zwischen den Stücken, in denen Scott sich rein mit sich selbst zu beschäftigen schien, kam es zu folgender skurriler Konversation:
- Publikum: „Say something!“
- Scott: „Auf Deutsch?“
- Publikum: „Ja!“
- Scott: „Nein.“
Augenfällig, dass die Band bei ihrem Auftritt dennoch einen Riesenspaß hatte. Die Setlist umfasste dabei Klassiker wie „A girl called Johnny“, „Medicine Bow“, „We will not be lovers” oder (last but not least) ihren größten Hit „The whole of the moon” als gefeierte Zugabe; dazu gab es viele Songs der letzten drei Alben „Modern Blues“, „Out of all this Blue“ und „Where the action ist“ und mit „Dead Flowers“ von den Rolling Stones auch eine (wunderbar passende) Coverversion. Das Konzert wirkte dennoch absolut organisch und zeichnete nebenbei auch den Weg der Band eindrucksvoll nach – vom 80er Jahre-Soundgewand, dass sie damals in die Nähe von Bands wie „The Smiths“ oder „The Cure“ rückte, über eine lange Folkrock-Phase bis zur heutigen Rock-Allround-Band, die live sämtliche Spielarten beherrscht. „Die haben das Haus ja ordentlich gerockt“, sagt einer der Zuhörer beim Gehen. So kann man das sehen.
Text und Fotos: Frank Schümann