Vielseitigkeit ist Trumpf – Musikalische Artisten vom „Cirque Éloize“ mit „Hotel“ im Metropol Theater
Hotels dienten schon immer als Inspirationsquelle für viele Künstler: Schriftsteller wie Arthur Hailey verbanden dort viele Einzelschicksale zu komplexen Romanen, Musiker wie Chilly Gonzalez und Jarvis Cocker erzählten unlängst mit ihrem Projekt „Room 29“ sogar die Geschichte eines einzigen Hotelzimmers über mehrere Jahrzehnte. So spezifisch ist „Hotel“, das aktuelle Programm des kanadischen Cirque Éloize, zwar nicht, dafür begeistert es mit einem außergewöhnlichen Mix an Kunstformen.
Auch wenn nur der Zirkus im Namen verewigt ist, spielen Tanz, Musik und Theater ebenso große Rollen an diesem Abend, der deshalb so besonders ist, weil er all diese Kunstformen auf sehr organische Weise miteinander vereint. Nichts wirkt aufgesetzt, im Gegenteil: die elf Künstlerinnen und Künstler, die da auf der dezent theatral beleuchteten Bühne zu sehen sind, machen alles – singen, spielen, tanzen, staunen, lachen, klettern, jonglieren, spazieren auf Seilen. Vielseitigkeit ist Trumpf.
Besonders bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der all das geschieht: mit großer Spielfreude, die sich schnell auf das Publikum überträgt, und einer fast unbändig scheinenden Lust machen die Sänger-Artisten-Darsteller die Bühne zu „ihrem“ Hotel. Der Betrachter nimmt ihnen ihre Rollen mühelos ab – etwa die des Maitre d’Hotel oder die des akribischen Handwerkers, der einem Loch im Dach mit Bällen und Eimern beikommen will und dabei eine tolle Jonglage-Nummer abliefert.
Schon zu Beginn des Abends setzen die kanadischen Künstler ein inhaltliches Zeichen, indem erst einmal alles abgestaubt wird – auch die Zuschauer der ersten Reihe werden schon mal herzlich per Handschlag begrüßt (und auch später bisweilen eingebunden). Verschmitzte Mienen sind im Laufe des Abends ebenso zu bewundern wie handfester Slapstick – überausgut choreografiert, wie auch die teils sehr aufwändigen Tanzszenen.
Geleitet wird der Cirque Éloize von Jeannot Painchaud, seines Zeichens nicht nur Kreativdirektor, sondern auch Mitbegründer der Gruppe – ganze 25 Jahre ist das bereits her. Vorher war Painchaud übrigens im Cirque de Soleil aktiv, was man der Show durchaus anmerkt. Dass er das neueste Programm seines Cirque Éloize im Hotel angesiedelt hat, sei auch dem Umstand geschuldet, dass er im Laufe seines Künstlerlebens sehr viel Zeit in Hotels verbracht habe, sagt er gerne in Interviews.
Das erklärt vielleicht auch die schön-melancholische Grundstimmung, die gerade zu Beginn der Show vorherrscht und die durch romantisch-nostalgische Klänge musikalisch noch verstärkt wird. Die Musik führt – wie Kostüme und Interieur – immer wieder in die 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, umfasst dabei Chansons ebenso wie Swing oder Popstücke oder (am Ende) gar Flamenco-Rhythmen. Auch hier gilt: das ist organisch, das ist passend, das ist schön!
Zumal diejenigen, die für diese Klänge verantwortlich sind (und immer wieder zu Gitarre oder Saxofon greifen) natürlich auch artistisch glänzen – in großen Reifen, auf dem Seil oder in Form von menschlichen Türmen. Da gibt es dann im Publikum auch die „Ahs“ und „Ohs“ zu hören, wie sie im Zirkus erwartet werden – keine Frage, auch artistisch hält der Cirque Éloize, was der Name verspricht. Zumal eben auch Unerwartetes geschieht: wenn es etwa aus heiterem Himmel wieder clownesk wird, weil das Licht ausgeht. Wie die Artisten aus dieser Nummer wieder rauskommen, sollte man sich aber selbst angucken…
Text und Fotos: Frank Schümann