Cohen meets Aznavour: Eine tolle Hommage! – Erstes Konzert der neuen Proszenium-Konzertreihe im Metropol Theater

Bei der Kombination Cohen und Aznavour könnte man leicht den Verdacht hegen ein melancholischer, schön-schwerer Abend liege vor einem. Doch weit gefehlt. Schon der Beginn dieses Abends ist so leicht wie der bevorstehende Frühling – ein Aznavour-Interpret und ein Cohen-Interpret treffen sich zufällig, parlieren zweisprachig und beschließen, gemeinsam zu spielen; ein schöner, leichter Einstieg in ein rund zweistündiges Programm, das diesen Grundton hält, ohne dass die tiefen Seiten der beiden großen Sänger und Texter vernachlässigt werden. Das Quartet des Proszenium Konzerts Cohen meets Aznavour

Der Franzose Pierre de la Roche, der für den Aznavour-Part zuständig ist, überlässt nach dem Einstieg zunächst Denis Fischer die Bühne, der in einem kleinen Block einige Cohen-Klassiker interpretiert – überwiegend Songs der ersten Schaffensphase des kanadischen Liedermachers und Poeten, darunter „Hey, thats no way to say goodbye“ und „Famous blue raincoat“. Denis Fischer hat nicht die tiefe Stimme und das Timbre von Leonard Cohen, dafür kommt er stimmlich in Bereiche, die Cohen selbst nicht schaffte (und wohl auch nicht wollte). Die Lieder verändern sich darüber auf eine spannende Art und Weise, ohne ihren Kern zu verlieren; das behutsame, ausgezeichnete Spiel von Ralf Stahn am Kontrabass (und später auch an der Ziehharmonika) und Carsten Sauer an den Keyboards tut ein Übriges, ebenso wie die wunderbaren, teils überraschenden Arrangements. Zudem betont Fischer die poetische Ader Cohens, ohne sie explizit zu benennen – er zitiert vor den einzelnen Liedern Passagen der Songs auf deutsch; das ist sehr intensiv, sehr gut gewählt, sehr schön.

Das Konzert, das es in dieser Form erst zum zweiten Mal gab – die Premiere war kurz zuvor in Hamburg – stellte für das Metropol Theater eine Besonderheit und eine Neuerung dar: Es eröffnete eine Reihe mit sogenannten Proszenium-Konzerten. Das Prinzip dieser Reihe, nur die Vorbühne zu bespielen und ausschließlich die ersten Reihen des Theaters zu nutzen (und die hinteren abzudunkeln), ging absolut auf: es entstand eine sehr intime Atmosphäre im Saal.

Denis Fischer und Pierre De La RocheDas macht es den beiden Sängern und ihren musikalischen Mitstreitern denn auch leicht, das Publikum zu erobern – die rund 400 Zuschauer scheinen von Beginn an gefangen vom Konzert, entlassen das Quartett auch erst nach mehreren Zugaben.

Bis dahin gibt es ein äußerst abwechslungsreiches Konzert zu erleben:  Nach dem ersten Leonard Cohen-Block von Denis Fischer übernimmt Pierre de la Roche das Zepter, der mit seiner französischen Herkunft und seiner Sprache Charles Aznavour auf der Bühne wiederauferstehen lässt – mit seiner eigenen Körpersprache und sehr viel Charme. De la Roche singt die großen Hits des erst im Herbst 2018 im Alter von 94 Jahren verstorbenen Franzosen (Cohen starb 2016 und wurde immerhin 82 Jahre alt) – und er singt sie in drei Sprachen, auf Französisch, auf Englisch und auf Deutsch. Aznavour hatte in der Tat eine Platte auf deutsch herausgebracht – von ihr sind „Die lässt Dich gehen“ und „Als es mir beschissen ging“ zu hören, und sie werden begeistert gefeiert – wie auch die anderen Stücke, etwa das sanfte „Comme ils disent“ oder das ebenfalls großartig vorgetragene „La Boheme“.

Hit auf Hit („La Mama“ und „Hier encore“ auf der einen, „So long, Marianne“ oder „Bird on the wire“ auf der anderen Seite) geht es auch nach der Pause weiter;  Fischer moderiert unaufgeregt, würdevoll, wie es Cohen auch tat; de la Roche ist lebendiger, reißt die Zuschauer mit seiner Leidenschaft und Wärme mit. Schön anzusehen ist es auch, wie die Sänger den jeweils anderen, der gerade am Mikrofon ist, fast zärtlich beobachten – jedenfalls mit sehr viel Respekt.

Denis Fischer und Pierre De La Roche

In einigen Stücken sind sie dann auch gemeinsam zu hören, wie im großartigen „The Partisan“ von Leonard Cohen, in dem es an diesem Abend auch französisch vorgetragene Passagen gibt. Im Zugaben-Block gibt es noch Aznavours „She“, fast schlagerhaft vorgetragen wie vom Meister selbst; dazu noch zwei Stücke von Leonard Cohen, eine getragene, schöne Version von „Hallelujah“ sowie „Everybody knows“ als flotte Mitklatsch-Nummer. Am Ende herrscht Partystimmung beim ersten Proszenium-Konzert des Bremer Metropol-Theaters – wer hätte das gedacht angedacht des Werkes der beiden angeblichen Melancholiker. Eine tolle Hommage an die beiden großen Liedermacher!

Text und Fotos: Frank Schümann